Du hast eine Ausbildung zum Flugzeugbauer absolviert und BWL studiert. Nicht unbedingt der typische Weg in die Personalberatung. Wie kam es dazu?
Ich habe die technische Ausbildung genossen, aber festgestellt, dass ich nicht präzise genug für ein Ingenieurwissenschaftsstudium war. Also entschied ich mich für BWL. Als breit interessierter Mensch habe ich mich dann über eine Anzeige bei einer Executive-Search-Beratung mit Fokus auf Maschinen- und Anlagenbau beworben. Der Umgang mit Menschen hat mir immer Spaß gemacht. Ich begann im Research, d.h. der Identifikation und Ansprache von Kandidaten. Der Übergang von Research zur Beratung erfolgte aufgrund der Neuen-Markt-Krise, als plötzlich keine Aufträge mehr kamen und ich selbst Aufträge akquirieren musste/durfte.
Du hast nahezu dein ganzes Berufsleben in oder für produzierende Industrieunternehmen gearbeitet. Was begeistert dich so an dieser Branche?
Ich liebe es, Dinge entstehen zu sehen und die dafür notwendigen Prozesse zu verstehen. Es fasziniert mich, durch Werkshallen zu gehen und zu verstehen, wie aus Rohmaterial ein fertiges Produkt, System oder eine Maschine wird. Es ist fantastisch, diesen Entstehungsprozess zu beobachten.
Kannst du dich noch an dein erstes Mandat bei GET AHEAD erinnern?
Ja, absolut. Es war ein Geschäftsführungsmandat im Rahmen einer Unternehmernachfolge eines mittelständischen Unternehmens aus Norddeutschland. Mein Placement blieb acht Jahre und machte einen tollen Job. Es war großartig, diesen Generationsübergang von außen begleiten zu dürfen.
Neben den ohnehin herausfordernden Rahmenbedingungen in Deutschland steht die Industrie vor einer echten Herkulesaufgabe: Sie soll bis 2040 klimaneutral produzieren und alle Lieferketten in die Klimaneutralität einbeziehen. Was bedeutet das fürs Executive Search?
Das bedeutet, dass wir auch in den Aufsichts- und Beiratsgremien Experten brauchen, die über dieses Know-how verfügen und somit beurteilen können, ob strategische Investitionen in Werke oder Technologien langfristig auf dieses Unternehmensziel einzahlen.
In einer Studie zum Thema Dekarbonisierung der Wirtschaft aus Dezember 2022 hast du die teilweise fehlende Dekarbonisierungs- und Nachhaltigkeitskompetenz in den DAX-Aufsichtsräten moniert. Welche Schlüsselqualifikationen sind aus deiner Sicht für Mitglieder von Aufsichtsrats- und Beiratsgremien heute unerlässlich?
Ein technologisches Verständnis davon, wie konkret Emissionen im Produktionsprozess gesenkt werden können. Meiner Meinung nach sollte Diversität auch in diesen Disziplinen die Aufsichtsräte bereichern.
Zusätzlich zu Industrieunternehmen besetzt du seit vielen Jahren auch Führungspositionen in Private-Equity-Firmen und PE-finanzierten Unternehmen. Was magst du an dieser Branche und was glaubst du, müssen Führungspersönlichkeiten mitbringen, die in diesem Umfeld erfolgreich sein wollen?
An der Zusammenarbeit mit PE-Fonds und deren Portfolio-Unternehmen schätze ich die Leidenschaft, die Veränderungsbereitschaft und die Schnelligkeit der Arbeitsweise. Personen, die hier erfolgreich sein wollen, müssen über eine Kombination aus kognitivem Vermögen, strategischer Kompetenz und operativer Umsetzungsfähigkeit verfügen.
2010 hast du das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg (EEHH) mitbegründet, ein Zusammenschluss von Unternehmen, Hochschulen, Verbänden und anderen Organisationen, die sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Hamburg und Norddeutschland einsetzen. Bist du ein überzeugter Öko oder wie kam es dazu?
Nein, ich bin kein Öko. Mich hat auch hier die Technologie gereizt. Wir haben vor 20 Jahren beim Aufbau der Solarindustrie mitgeholfen, und seitdem begeistern mich die erneuerbaren Energien und die Idee der dezentralen, autarken Energieversorgung. Ich selbst nutze Geothermie, Wärmepumpe und PV-Anlage und plane eine Kleinwindanlage. Rentabel ist es noch nicht, aber es gibt meiner Frau und mir ein gutes Gefühl. Wir stellen die Spülmaschine oder Waschmaschine an, wenn die Sonne scheint. Es ist spannend zu sehen, wie sich das eigene Verhalten ändert.
Die Begleitung von Nachfolgelösungen in Unternehmen gehört zu deinem Aufgabengebiet. Diese Prozesse sind oft emotional aufgeladen, da der Alt-Unternehmer sein Lebenswerk loslassen und der Nachfolger seinen Platz im Unternehmen finden muss. Welche Unterstützung kannst du in dieser Situation bieten?
Verständnis auf beiden Seiten erzeugen und durch einen moderierten Dialog die Übergangsphase begleiten.
Was meinst du, was ist dein wichtigster Benefit für deine Mandanten?
Die Leidenschaft für meinen Job und meine Kunden und natürlich mein Netzwerk. Für meine Kunden gebe ich alles. Das geht so weit, dass ich mir keine chinesischen PV-Komponenten kaufe, sondern von Firmen, für die ich gearbeitet habe oder arbeite. Finanziell macht das wenig Sinn, aber dieses Commitment zeichnet mich aus.
Was ist dein bisher schönster/bitterschöner Moment im Berufsleben?
Schöne Momente gibt es zum Glück viele. Ich liebe es, wenn mir ein Kunde sein Vertrauen schenkt. Und ich leide wie ein Hund, wenn ich bei einem Pitch nur zweiter werde. Einer der besten Momente war sicher, als ich das erste CEO-Mandat einer börsennotierten Gesellschaft erhielt.
Was ist deine wichtigste „Lesson learned“?
Ganz klar, dass ich früher die Prioritäten falsch gesetzt habe. Vor der Corona-Pandemie war ich quasi nie zu Hause. Durch die veränderte Arbeitsweise habe ich realisiert, was ich daheim bei meinen Kindern verpasst habe.
Personalberatung ist ein wettbewerbsintensives Geschäft, in dem man auch mit Vertriebsdruck umgehen muss. Bist du ein kompetitiver Typ, der die Herausforderung schätzt, oder wie gehst du damit um?
Der sportliche Wettkampf macht mir Spaß, jedoch fällt es mir schwer, mit Niederlagen umzugehen. Diese Enttäuschung wirkt bei mir recht lange nach. Das ist zwar Teil des Geschäfts, schmerzt aber dennoch. Vertriebsdruck macht mir nichts aus. Die „Ablehnung“ trifft mich persönlich.
Seit 2006 bist du gemeinsam mit Matthias Zühlke Managing Partner bei GET AHEAD. Mittlerweile habt ihr rund 25 Mitarbeiter. Wie würdest du dich als Vorgesetzten beschreiben?
Ich führe über Vertrauen, erwarte Leistung und unterstütze bei Bedarf. Ich schätze es, wenn Mitarbeiter offen sagen, wenn sie ein Problem haben und bin immer ansprechbar. Von Mikromanagement halte ich nichts.
Welche Eigenschaften oder Skills machen eine Führungskraft für dich herausragend?
Strategische Kompetenz, Begeisterungsfähigkeit und Umsetzungskompetenz.
Du bist Vater von zwei Kindern, die Ausbildung und Studium noch vor sich haben. Was rätst du deinen Kindern bzgl. Berufswahl und Karriereplanung?
Ich rate beiden, auf sich selbst zu hören und der eigenen Leidenschaft zu folgen. Ich bin davon überzeugt, dass wenn man etwas mit Leidenschaft tut, automatisch besser ist als der Durchschnitt. Ich rate und erwarte Leistung zu bringen und erziehe sie dazu, sich anzustrengen. Wenn sie fleißig lernen, ist die Note der Arbeit sekundär. Aber aus Bequemlichkeit unter seinen Möglichkeiten zu bleiben, ärgert mich, weil wir uns alle und immer im Leben anstrengen müssen und dies auch Spaß machen kann. Diese Leistungsbereitschaft vermisse ich zunehmend in unserem Land.
Danke für das Gespräch. Wir freuen uns auf die nächsten 20 Jahre!