Veröffentlicht am 15. April 2021
Ein Beitrag von Meltem Ay

Nachhaltigkeit in der Finanzwelt

Meltem Ay im Gespräch mit Reinhard Pfingsten, CIO Bethmann Bank & Global Head Asset Allocation ABN AMRO Private Banking.

Welchen Einfluss hat die Finanzbranche auf die Nachhaltigkeit?

Die Bandbreite ist da groß. Geld regiert die Welt! Die Finanzbranche ist intermediär zwischen Geld und Unternehmen und insofern spielt sie eine ganz große Rolle.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit diesem Thema?

Schon sehr lange, denn Nachhaltigkeit ist kein neues Thema und nachhaltige Produkte gibt es auch schon seit Jahrzehnten. Neu ist: Wenn es früher das Nischenprodukt eines großen Anbieters war, ist es heute das Kernprodukt. In den letzten Jahren ist im institutionellen Bereich ein gigantisches Wachstum zu verzeichnen. Nachhaltige Kriterien rücken immer stärker in den Fokus.

Neu ist auch, dass Privatanleger das Thema für sich entdeckt haben und auch von Anbietern in diese Richtung gelenkt werden. Das Angebot schafft die Nachfrage. Das Wachstum bei Privatanlegern ist inzwischen ebenfalls sehr stark, kommt aber natürlich von einem sehr niedrigen Niveau. Verantwortlich dafür ist zum einen der gesellschaftliche Wandel, der sicherlich auch mit dem Generationswandel zusammenhängt. Und der politische Wandel, der Unternehmen veranlasst, sich Ziele zu Nachhaltigkeit zu setzen. Das Pariser Klimaschutzabkommen spielt hier eine große Rolle, aber auch ein regulatorischer Wandel.

Die EU hat erkannt, dass die Finanzbranche wichtig ist, um das Thema Nachhaltigkeit voranzubringen. Es braucht einen Schulterschluss von Unternehmen und Finanzbranche. Der regulatorische Druck sorgt dafür, dass unsere Branche bewegt.

Was macht eine nachhaltige Bank aus?

Die erste Frage dabei ist, ob das Institut unter anderem auch nachhaltige Produkte anbietet. Wenn es nur Nischenprodukte sind oder ein Produkt unter vielen, dann ist es keine nachhaltige Bank. Sie muss First Choice nachhaltige Produkte vertreiben. Und sie muss sich hinreichend mit nachhaltigen Themen beschäftigen wie Corporate Social Responsibility und ein sozialer Arbeitgeber sein. Themen wie ein ökologisches Gebäudemanagement und die Dienstwagenverordnung gehören genauso dazu wie ein entsprechendes Produktangebot.

Können mit nachhaltigen Fonds / Aktien maximale Gewinne erzielt werden?

Ich sage nicht, dass mit Nachhaltigkeit eine Mehrrendite erzielt werden kann, denn dazu gibt es keinen Grund. Ergebnisse variieren auf Jahressicht. Das ist bei nachhaltigen Produkten so wie bei allen anderen. Aber in jedem Fall fließt mittlerweile so viel Geld in Nachhaltigkeit, dass Unternehmen das Thema sehr ernst nehmen und daraus auch eine bessere Performance abgeleitet werden kann. Auf der anderen Seite gibt es Studien, die nahelegen, dass nicht nachhaltige Anlagen eine Mehrrendite generieren können. Aus meiner Sicht sollte man weder von einer systematischen Mehr- oder Minderrendite nachhaltiger Geldanlagen ausgehen. Auf Jahressicht allerdings kann das ganz anders aussehen.

Es ist für mich aber die falsche Frage. Denn es geht hierbei um nichtfinanzielle Renditen. Wenn Sie Teil des Wandels sein und dazu beitragen wollen, dass Unternehmen den CO2-Ausstoß reduzieren, dann investieren Sie in nachhaltige Produkte!

Wie sehr müssen Sie den Kunden überzeugen hier anzulegen?

Tatsächlich bieten wir nachhaltige Produkte als ‚First Choice‘. Es ist wichtig, dem Kunden die Vorteile, aber auch die Herausforderungen des nachhaltigen Investierens zu erläutern. Aber die Diskussionen haben sich verändert. Früher mussten wir an der Stelle viel mehr Grundsatzdiskussionen führen.

Wann ist eine Anlage wirklich nachhaltig?

Notwendige Orientierung gibt hier zumindest die Einstufung eines Produktes gemäß Artikel 8 der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) der Europäischen Kommission.

Wichtig ist es, eine Policy zu haben, die die Nachhaltigkeits-Risiken beleuchtet. Das heißt: Welche Ausschlüsse sehe ich? Was kann ich nicht verantworten, wenn ein Unternehmen in einem Bereich tätig ist, das den Anforderungen nicht entspricht? Bei der Bethmann Bank haben wir zudem einen Beirat, der die Nachhaltigkeit entlang aktueller Diskussionen verankern kann. Er kann Richtlinienbeschlüsse fassen und Restriktionen vorgeben.

Legen Sie persönlich Ihr Geld in nachhaltigen Fonds an?

Zum Teil. Da ich ausschließlich in Fonds investiere, kann ich die Frage bei aktiven Fonds bejahen, bei ETFs entsprechen diese noch nicht allen Anforderungen des Artikel 8 nach der neuen Verordnung.

Welche Anlageziele können mit einem ESG-Portfolio verfolgt werden?

Wir bieten ein Nachhaltigkeitsreporting an für Publikumsfondskunden und Vermögensverwaltungskunden. Es gibt drei Blöcke der Nachhaltigkeit, in denen über die Wirkung der nachhaltigen Produkte gesprochen wird. Wir managen Best-in-Class-Produkte und zeigen hierbei die besten und schlechtesten Werte auf.

  1. ESG Risiko Rating im Portfolio
  2. CO2-Fußabdruck des Portfolios (in Tonnen gemessener Ausstoß)
  3. Auswirkungen auf die UN-Entwicklungsziele (17 Nachhaltigkeitsziele der UN)

Nachhaltige Produkte muss man viel transparenter machen und den Sinn dieser Anlagen den Menschen näherbringen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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