Veröffentlicht am 2. Mai 2022
Ein Beitrag von Marvin Siebert

Quo vadis Luxusbranche? Trends & Themen der nächsten Jahre

Bildquelle: Jatin Gandhi/Shutterstock.com
Seit gut zwei Jahren hoffen wir auf ein Ende der Pandemie und die Rückkehr zum normalen Tagesgeschäft. Längst nicht allen Branchen ist es gelungen, gut durch diese herausfordernde Zeit zu kommen. Anders das Luxussegment.

Nach einem kurzzeitigen Einbruch im Jahr 2020 strotzt die Branche wieder vor Kraft. Hermès und LVMH sind stärker als zuvor und haben solide Zahlen vorgelegt. Im Geschäftsjahr 2021 steigerte Hermès seinen Umsatz um 33 % gegenüber 2019 auf knapp 9 Mrd. Euro. Der Nettogewinn betrug 2,4 Mrd. Euro und entsprach damit 27 % des Umsatzes. Der LVMH-Umsatz lag in der Modesparte 2021 gut 42 % über 2019. Ebenso können sich die vorgelegten Quartalszahlen in 2022 von Hermès (währungsbereinigt plus 27 %) und LVMH (währungsbereinigt plus 23 %) sehen lassen. Einige kleinere Wettbewerber hingegen schwächeln. Zwar ist der globale Markt für Luxusgüter coronabedingt geschrumpft, doch die Lust auf Luxus scheint ungebremst. Die Millennial- und Generation Z etablieren sich als potente Käufergruppen. Die New Retail- und Omnichannel-Möglichkeiten gilt es noch konsequenter zu nutzen. Zudem muss das für die nächsten Jahre erwartete, verlangsamte Wachstum im bisher wichtigsten Markt, China, aufgefangen werden. Und mit dem Krieg in der Ukraine kommt eine weitere Herausforderung hinzu: Welche Auswirkungen haben die verhängten Sanktionen gegen Russland auf die Branche? Ein Blick auf diese und weitere Trends und Themen wie Deglobalisierung und Dekarbonisierung, die die Luxusbranche beschäftigen und die auch bei der Auswahl der geeigneten Führungskräfte berücksichtigt werden müssen.

China bleibt im Fokus  

Wohlhabende Chinesen sind und bleiben für die Luxuskonzerne eine enorm wichtige Käufergruppe.

Der erneute Lockdown in Shanghai lässt die Branche aufhorchen. Die Sorge ist groß, dass die Regierung in Peking den Lockdown in Shanghai auf weitere Städte ausdehnt. Einige Luxury Brands haben ihre Läden schließen müssen. Vor allem Gucci war von den Einschränkungen betroffen, meldet die Kering-Gruppe in seinem ersten Quartalsbericht 2022. Die Erlöse der Stores in Shanghai, die noch offen sind, stehen unter Druck. „Die Frequenz in den Läden hat erheblich gelitten", räumte der CEO von Ermenegildo Zegna ein. Dennoch ist er zuversichtlich: „Aus Erfahrung weiß ich, dass das Business in China krisenfest ist. Es erholt sich schnell." Er sehe deshalb keinen Anlass, die Ziele für 2022 in Frage zu stellen. Auch LVMH-Finanzchef Jean Jacques Guiony zeigte sich zuversichtlich. Die chinesischen Behörden konnten aus den Erfahrungen in 2020 lernen. Damals haben sie die Pandemie schnell unter Kontrolle gebracht. „Ich glaube, dass der Covid-19-Lockdown nur eine Momentaufnahme sein wird.“

Dann sind da noch die Überlegungen der chinesischen Regierung, die Einkommen stärker zu regulieren und umzuverteilen. In den vergangenen 20 Jahren wurden bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt. Doch das Einkommensgefälle zwischen einzelnen Bürgern, verschiedenen Wirtschaftssektoren und Regionen sowie zwischen Stadt und Land ist weiterhin groß. Bleibt abzuwarten, wie Peking seine Pläne zur Bekämpfung der Armut im Land weiter umsetzt. Jede Politik, die die Kaufkraft einer größeren Zahl chinesischer Haushalte stärkt, könnte der Luxusbranche auf lange Sicht nützen. Schätzungen von UBS zufolge entfallen 70 % bis 80 % aller Luxusgüterkäufe in China auf die neue Mittelschicht (Vgl. marketscreener-Analyse „Wo Luxus in China leidet, geht die Hoffnung nach Amerika“).

Als eine Auswirkung von COVID-19 hat sich der Konsum der chinesischen Verbraucher auf das chinesische Festland verlagert. Eine dauerhafte Entwicklung, von der Betreiber von Luxusmalls in Tier-1 Städten profitieren. In seinem Buch „Future Luxe – What’s ahead fort he Business of Luxury“ geht Erwan Rambourg, Analyst Konsumgüter- und Retailsektor bei HSBC, davon aus, dass in zehn Jahren mehr als 75 % der Luxusverkäufe der chinesischen Bürger in ihrem Heimatland stattfinden.

Trotz des anhaltenden Vormarschs chinesischer Marken werden auch in zehn Jahren noch westliche Marken das traditionelle Luxussegment dominieren.

Wachstumstreiber Indien sowie die Mittelschicht in Asien

In China erzielen die Luxusgüterhersteller weiter hohe Zuwächse. Erwan Rambourg sieht ein Potenzial (abhängig von der Entwicklung der Pandemie) von 8 % Umsatzplus im laufenden Jahr (Vgl. “Future Luxe – what’s ahead for the business of Luxury“ von Erwan Rambourg). Das chinesische Wachstum wird sich jedoch bis Ende der 2020er Jahre allmählich verlangsamen. Indien sowie die wachsende Mittelschicht in Asien könnten zu einem wichtigen Faktor für eine positive Branchenentwicklung werden. Noch tragen indische Verbraucher allerdings wenig zu den Luxusverkäufen bei.

US-Konsumenten überwinden Krisen am schnellsten

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass US-Konsumenten als erste Krisen überwinden und Shoppinglaune entwickeln. Die Covid-19-Pandemie bestätigt das einmal mehr. So war die USA 2021 der wichtigste Motor des Luxusmarktes. Kering bspw. steigerte den Retail-Umsatz in Nordamerika um 74 % ggü. 2019. In der Region Asien-Pazifik hingegen stieg der Umsatz 2021 „nur“ um 31 % ggü. 2019.

Luxuskonzerne ziehen sich aus Russland zurück

Hermès, LVMH sowie andere große Luxusunternehmen haben nach der russischen Invasion in der Ukraine ihre Aktivitäten in Russland eingestellt. Dieser Rückzug dürfte die Marken höchst unterschiedlich treffen: Bei den meisten ist er mit der Schließung einer Handvoll Läden verbunden; bei LVMH sind es 124 Läden. Insgesamt machen Luxusgüterhersteller wie Hermès, LVMH und Richemont vergleichsweise wenig Umsatz in Russland. Marktbeobachter schätzen, dass der Anteil am Konzernumsatz jeweils zwischen 1 % und 2 % liegt.

EU beschränkt Luxusgüter-Export nach Russland

Mit ihren Sanktionspaketen haben die EU-Staaten klar gemacht, das Leben in Russland soll nicht mehr so sein, wie es einmal war. Besonders für die reichsten Russen, die auf Kosten anderer einen exklusiven Lebensstil pflegen, soll es weit weniger luxuriös zugehen. In ihrem vierten Sanktionspaket haben die EU-Staaten den Export von Luxusgütern nach Russland beschränkt. Demnach dürfen u. a. keine teuren Uhren, Luxusautos, Schmuck, Designerhandtaschen, Kaviar, teurer Wein und Pferde nach Russland exportiert werden. Heißt auch: keine Shoppingtouren vermögender Russen auf ihren Auslandsreisen. Die Analysten von AllianceBernstein gehen davon aus, dass etwa 5 % der weltweiten Luxusgüterausgaben auf Kundschaft aus Russland und der Ukraine entfällt (Vgl. Finanz und Wirtschaft). Dennoch scheint auch ein Totalausfall Osteuropas verkraftbar. Entscheidend ist einmal mehr die weitere Entwicklung des Geschäfts in Asien.

Inflation kümmert Luxusbranche kaum

Die steigende Inflation scheint die Luxusindustrie nicht zu beunruhigen. So verwies LVMH-CEO Bernard Arnauld auf die starke Produktnachfrage und hob die Preise für Lederwaren um rund 6 bis 7 % an. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass Louis Vuitton die Preise in Großbritannien, Frankreich und in den USA stärker erhöhte als in China. Hermès erhöhte die Preise in einem geringeren Maße (Vgl. Textilwirtschaft). Mit einer EBIT-Marge von rund 40 % gehört die Luxusmarke 2021 zu den profitabelsten Brands überhaupt.

Trotz der sehr guten Jahresergebnisse 2021 sowie der Quartalsergebnisse 2022 von Hermès und LVMH lässt sich nicht vollends abschätzen, wie sehr der Ukraine-Krieg, der Lockdown in Shanghai, höhere Energiepreise sowie steigende Leitzinsen die Stimmung der Verbraucher beeinflussen. Dementsprechend vorsichtig fällt der Ausblick von LVMH aus: „Wir bleiben wachsam, aber zuversichtlich.“

Mehr Frauen und Verjüngung in den Chefetagen

Es ist verblüffend, dass Frauen, die doch die maßgeblichen Treiber des Geschäfts mit Luxusgütern sind, kaum in den Chefetagen der Hersteller vertreten sind. Das wird sich ändern. Chanel hat es mit der Ernennung von Leena Nair vorgemacht. Erwan Rambourg rechnet damit, dass in den nächsten zehn Jahren wenigstens 25 % der CEOs von Markenartiklern weiblich sind. Weg von den Baby Boomern hin zu jüngeren Konsumenten. Der durchschnittliche Konsument von Luxusartikeln ist jung, also sollten es die Manager auch sein. Die Luxusmarken müssen sich diesen demografischen Gegebenheiten anpassen. Monsieur Arnault hat seinen Kindern bereits Führungsaufgaben bei TAG Heuer sowie Tiffany & Co. übertragen. In den nächsten zehn Jahren werden die CEOs der Markenhersteller eher in ihren Dreißigern oder Vierzigern sein und nicht wie heute in ihren Fünfzigern und älter.

Bei GET AHEAD stellen wir fest, dass insbesondere große Marken zunehmend auf weibliche Führungskräfte setzen. Im Beauty-Bereich hingegen zeigt sich schon der umgekehrte Trend: Hier fehlt es zum Teil an männlichen Führungskräften.

Die Trends zur Verjüngung und zu mehr Diversität zeigen sich auch bei Führungskräften auf C-Level. Hochpreisige Anbieter im Bereich Watches and Jewelry haben den größten Nachholbedarf. Mittlerweile haben fast alle großen Häuser Global Heads of Diversity & Inclusion berufen. Dennoch müssen die Themen, die weit über Gender-Diversität hinausgehen, konsequent umgesetzt werden, um sich von reinen Buzzwords zu lösen.

Stationärer Handel bleibt bedeutsam

Wie eine Befragung von Condé Nast im Rahmen des Luxury Reports 2021 (Condé Nast Germany – Luxury Report Series “Fashion Industry Report 2021. Die Zukunft des Retails”) zeigt, nutzen die meisten Kundinnen und Kunden Online- und Offline-Kanäle beim Luxury-Shopping. Dies bezieht sich sowohl auf die Inspirations- und Informationssuche als auch auf den Kauf. Sie wechseln zwischen den Kanälen und gehen oft nach dem Store-Visit auf die Webseite der Marke oder umgekehrt. Dennoch möchte ein Viertel der Konsumentinnen und Konsumenten künftig mehr für Luxusmode in stationären Geschäften ausgeben. Experience ist und bleibt das Zauberwort. Infolgedessen bleibt der stationäre Einzelhandel das Herzstück im Luxury-Segment. Ein Paradebeispiel dafür ist das Haus Dior an der Avenue Montaigne 30 in Paris. Auf einer Fläche von 10.000 m² befindet sich neben der Boutique ein Ausstellungsraum, Haute Couture-Ateliers sowie ein Restaurant und eine Pâtisserie. Offen einsehbar sind in der "La Galerie Dior“ Entwürfe von Christian Dior sowie seiner Nachfolger Yves Saint Laurent, Marc Bohan, Gianfranco Ferré, John Galliano, Raf Simons und Maria Grazia Chiuri.

Ein Aushängeschild der deutschen Retail-Landschaft ist die KaDeWe Group, in dessen Department Stores ein besonderer Fokus auf der Schaffung von Erlebniswelten liegt. 2023 entsteht ein weiterer Concept Store in Düsseldorf und es folgt ein weiterer Digital Store in der Mariahilfer Straße in Wien. Bei Letzterem kann das Shopping mit botanischen und kulinarischen Erlebnissen im Palmenhaus auf der Dachterrasse kombiniert werden. Unabhängig von den Öffnungszeiten bringt ein außen liegender Aufzug Besucher von der Straße direkt auf die Dachterrasse oder in das Sterne-Restaurant des Hotels.

Mit der Übernahme von Selfridges durch die Central Group und Signa entsteht eine der führenden Luxury-Department-Gruppen der Welt zu welcher bereits die KaDeWe Group, Rinascente in Italien, Illum in Dänemark und Globus in der Schweiz gehören.

Erfolg durch Omnichannel- und New-Retail-Konzepte

Nicht nur die Gen Z oder die einflussreichen Millennials zwingen Luxusgüter-Hersteller verstärkt ins Web und zu mobilen Marketing-Aktivitäten. Der Ausbau von Webpräsenzen, digitalen Kampagnen etc. dienen heute jedoch zumeist dem Storytelling sowie Markenaufbau und -bindung und weniger dem Vertrieb. Zu wichtig ist im Luxussegment das persönliche Einkaufserlebnis mit dem dazugehörigen Komfort. Doch Anbieter von Luxusmarken, die die Möglichkeiten der Digitalisierung für ein verbessertes Shoppingerlebnis im stationären Einzelhandel und im Web nutzen, werden die Gewinner sein. Livestreaming, digitale Informationselemente, interaktive AR-Spiegel, Iris-Scan etc. bieten den potenziellen Käufern einen echten Mehrwert. Herausforderung ist, die Exklusivität, Emotionen und die Verbindung zur Marke in die digitale Welt zu übertragen. Gelingt dies, können bspw. durch den Einsatz von AR der stationäre Handel mit dem Online-Handel verknüpft werden. Das Ergebnis sind Einkaufserlebnisse, die Kunden begeistern. Daher müssen Führungskräfte, die diese Entwicklung der Unternehmen erfolgreich mitgestalten wollen, entsprechende Digital- und Omnichannel-Kompetenz mitbringen.

Der Alibaba-Gründer Jack Ma hat den Begriff „New Retail“ geprägt. New Retail meint die vollständige Integration von Online, Offline, Supply Chain und Technologie zu einer einzigen Wertschöpfungskette. Der Handel basiert auf einer nahtlosen, kanalübergreifenden Verschmelzung von Offline-POS, E-Commerce, digitalen Technologien und neuen Logistikkonzepten. Die neuen Ansätze werden maßgeblich beeinflussen, wie Kunden- und Serviceorientierung in der Zukunft gelebt wird. Auch die Luxusbranche sollte sich der New-Retail-Konzepte bedienen.

E-Sports, Metaverse und NFTs

E-Sport erfreut sich weltweit wachsender Beliebtheit. Damit sind E-Sport-Anbieter als mögliche Kooperationspartner in den Fokus der Luxusmarken gerückt. Bereits 2019 kreierten die Designer des französischen Modehauses Louis Vuitton für League of Legends die exklusive Kollektion LVxLoL. Ralph Lauren gab im Sommer 2021 die Kooperation mit dem europäischen Gaming-Dienstleister G2 Esports bekannt. Das US-Modehaus wird ein gesamtes Esports-Team ausstatten. Geplant sind zudem globale Kampagnen und Events auf Plattformen wie TikTok und Twitch. Damit will Ralph Lauren seine Traditionsmarke „auf authentische Weise über neue Plattformen zum Leben erwecken und weiter vorantreiben.“ (Vgl. Pressemitteilung Ralph Lauren, Juni 2021) Auch der Kreativdirektor von Balenciaga, Demna Gvasalia, sucht die Nähe zu E-Games wie Fortnite. Der Mode-Boom im E-Sport wird wohl vorerst nicht nachlassen, was weitere Kooperationen erwarten lässt.

Der Begriff des Metaverse hat sich inzwischen als eines der Online-Trendthemen etabliert. Laut einer Deloitte Umfrage scheint es sich tatsächlich nicht nur um ein reines Phänomen, einer „Medienblase“ unter Nerds, zu handeln. „Auch wenn die Möglichkeiten derzeit für die jüngeren Segmente besonders attraktiv sind, bestätigen die Befragungsergebnisse, dass das Metaverse altersunabhängig enorme Potenziale birgt", sagt Klaus Böhm, Leiter des Bereichs Media & Entertainment bei Deloitte Deutschland. „Unternehmen wiederum können vom hohen Interesse an monetarisierbaren Anwendungen wie virtuellem Shopping und Produktpräsentationen profitieren und mittels digitaler

Plattformen ihr Markenimage auch im Metaversum hochhalten." Laut der Studie ist das Interesse an Medieninhalten wie Video- oder Musikaufnahmen am höchsten, gefolgt von virtuellen Konzerten und virtueller Mode zum Einkleiden von Avataren. Neben der VR-Brille soll man auch allein über das Smartphone ins Metaverse eintauchen können, so Ronit Ghose, Global Head of Banking und FinTech & Digital Assets bei der Citigroup. In einem Bericht der Citigroup wird der Zielmarkt des Metaverse auf über 10 Billionen US-Dollar (9,18 Billionen Euro) geschätzt. Die erste Metaverse Fashion Week in 2022 zog etwa 108.000 Besucher an. Diese wurde betrieben von Labels wie Dolce & Gabbana, Etro und Hogan. Ebenso gab es einen Pop-Up Store von Estée Lauder.

Trotz des Hypes gibt es auch kritische Stimmen wie die von Benard Arnault: LVMH sei nicht im Virtuellen, sondern in der "wirklichen Welt" unterwegs: „Unser Geschäftsmodell besteht nicht darin, virtuelle Sneaker zu verkaufen." Dennoch beschäftigt sich auch LVMH mit dem Metaverse. „Schauen wir mal, wie sich damit Geld verdienen lässt."

Immer mehr Fashion-Unternehmen entwickeln NFTs (Non-Fungible-Token) und wollen am Trend partizipieren. Was steckt hinter den Krypto-Kreationen? Bleibt der Hype und was bedeutet er für die Luxusbranche? Einfach erklärt ist ein NFT ein digitales Zertifikat, das den Besitz eines virtuellen Produktes belegt. Jedes Teil, jede Transaktion ist in der Blockchain hinterlegt und für jeden einsehbar. Mit der explosionsartigen Verbreitung in der Kunstwelt haben sie mittlerweile ein breiteres Publikum erreicht. Das italienische Modehaus Gucci etwa setzte bei dem ersten NFT ebenfalls auf Kunst und präsentierte letztes Jahr Ausschnitte aus drei übereinander angeordneten Fenstern als Erweiterung des Films Aria. Es wurde Anfang Juni von Christie's für über 20.000 US-Dollar versteigert. Dolce & Gabbana erlöste für ihre erste NFT-Kollektion einen Millionenbetrag.

Eine Schattenseite der NFTs für die Luxusunternehmen können Markenrechtsverletzungen sein. Im Metaverse tauchten NFTs einer Birkin Bag auf. Hermès sieht sein Markenrecht durch die MetaBirkin verletzt. Das familiengeführte Unternehmen hat die Kommerzialisierung oder Kreation der Birkin Bag im Metaversum weder genehmigt noch ihr zugestimmt. Auch Rechtsexperten sind sich einig, dass im Metaverse grundsätzlich die üblichen Markenrechte wie im nicht-virtuellen Raum gelten. 

CSR, ESG & CSRD: people, planet and profit

Corporate Social Responsibility (CSR) gilt seit Jahren als Synonym für unternehmerische Gesellschaftsverantwortung. In jüngster Vergangenheit rückten ebenso die ESG-Begriffe (Environment, Social & Governance) in den Fokus. Während CSR darauf abzielt, ein Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, machen ESG-Kriterien die Bemühungen eines solchen Unternehmens messbar. Demnach geht es bei CSR um „doing good and avoid bad“ und ist eher qualitativer Natur. ESG-Kriterien dagegen werden zur Ergänzung finanzieller Kennzahlen eines Unternehmens herangezogen, um dessen Leistung bei ökologischen, sozialen und unternehmerischen Belangen zu messen.

Infolge der steigenden Anforderungen hat sich der Chief Sustainability Officer bzw. der Head of Sustainability vom „Plagegeist“ zu einem „Must-have“ entwickelt. Vor allem wird das Thema Nachhaltigkeit zur Chefsache. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) von April 2021 verstärkt den Ruf nach dieser Funktion im Unternehmen. Diese neue Berichtspflicht muss künftig Bestandteil des Konzernlageberichts sein und u. a. folgende Informationen beinhalten: Geschäftsmodell und dessen Risiken/Chancen in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelange, Nachhaltigkeitsziele und Maßnahmen, die Rolle der Führungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf Nachhaltigkeit, die wichtigsten Auswirkungen der Wertschöpfungskette, Produkte und Dienstleistungen sowie alle Maßnahmen, um diese Auswirkungen zu mindern. Nach aktuellem Stand soll die Richtlinie ab 1. Januar 2024 gelten. Unternehmen müssen dann über das Geschäftsjahr 2023 Bericht erstatten.
Die Luxusbranche reagiert: Künftig werden Tiffany, Cartier & Bulgari für ihre Uhren und Schmuckstücke überwiegend Diamanten verwenden, die im Labor gezüchtet wurden. Ausgenommen die Mittelsteine der höherwertigen Schmuckstücke, die weiterhin aus geförderten Diamanten bestehen.
Die Tage von Pelz sind endgültig gezählt: Nachdem er bereits in vielen Geschäften aus den Programmen genommen wurde und internationale Mode-Magazine wie „Elle“ Anzeigen für Pelz ablehnen, werden ihn künftig ganze Länder verbannen. Erstes Beispiel: Israel. Allerdings sei angemerkt, dass die Ersatzstoffe wenig umweltfreundlich sind, da sie meist aus Kunststoffderivaten hergestellt werden.

Deglobalisierung und Dekarbonisierung – Herausforderung und Chance zugleich

Seit dem Lockdown in Shanghai Ende März exportierte der Hafen etwa 30 % weniger Container in die Welt. Dies führt erneut zu Lieferverzögerungen und Preiserhöhungen. Die kritische Betrachtung grenzüberschreitender, volatiler Lieferketten führt zu einem Trend der Deglobalisierung. Mit 51 Produktionsstätten und Manufakturen in Frankreich ist Hermès Benchmark hinsichtlich der Fertigung in Europa. Durch ein integriertes Produktionsmodell fertigt Hermès in den exklusiven, hauseigenen Werkstätten 61 % seiner Produkte.

Allgemein zeigt sich in der Luxusindustrie eine Tendenz zum Nearshoring. Louis Vuitton produziert mit Standorten in Kalifornien und Texas in den USA für die USA. Diese lokale Nähe wird auch bei anderen Produkten gewünscht. Die Lieferketten für Luxusgüter werden sich sehr viel näher an die Endmärkte verlagern: "Made in Italy" oder "Made in France" werden zu "Made in a production site near you". Bei Uhren bleibt „Made in Switzerland“ bestehen.

Die Deglobalisierung kann als Herausforderung und Chance zugleich betrachtet werden: Bei einer Neuordnung der Produktionsanlagen und -prozesse werden die Weichen gestellt, um die Transformation zu klimaneutralen Produktionsweisen (Dekarbonisierung) sicherzustellen. Die Deglobalisierung – mit einer höheren Kontrolle über die Lieferketten verbunden mit besseren Arbeitsbedingungen für alle Produktionsbeteiligten – ist ein weiteres wichtiges Argument in der Ansprache der (neuen) Käufergruppen. In der Gesellschaft (und in Gen Y und Z im Besonderen) ist das Bewusstsein für sozial und ökologisch verträglich gefertigte Produkte durch die Berichterstattung über Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Umweltbelastungen (u. a. in Social Media) erheblich gestiegen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz war ein wichtiger Schritt, ging aber vielen Kritikern nicht weit genug.

Der Erfolg von Unternehmen hängt also künftig noch stärker von der Verfolgung dreier Ziele ab: wirtschaftlicher Erfolg, ökologische Qualität und soziale Gerechtigkeit („people, planet and profit“). Wie Deglobalisierung und Dekarbonisierung, die zweifelsfrei mit großen Herausforderungen für die Hersteller verbunden sind, gelingen kann, wird auch sehr von einer aktiven europäischen Industriepolitik abhängen.

Wie die Trends & Entwicklungen die Anforderungen an Führungskräfte verändern

Bei der Suche und Auswahl von Führungskräften im Luxusmarkt beschäftige ich mich intensiv mit der Frage, welche Persönlichkeitseigenschaften, welche Kompetenzen und vor allem welche Potenziale heute notwendig sind, um den Erfolg der Unternehmen maßgeblich mitzugestalten. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt hier die Potenzialbetrachtung enorm an Bedeutung. Allein die letzten 24 Monate haben verdeutlicht, wie schnell sich tiefgreifende Veränderungen für Geschäftsmodelle, Märkte und ebenso für das Konsumentenverhalten ergeben können. Unsere Aufgabe ist es, die berufliche Leistung von Führungskräften in einer VUCA-Welt vorherzusagen. In der Konsequenz kommt dem langfristigen und zukunftsfähigen Potenzial eine besondere Bedeutung zu.

Um das Potenzial und die Führungspersönlichkeit der Kandidatinnen und Kandidaten umfassend bewerten zu können, setzen wir bei GET AHEAD Executive Search die Evidenzbasierte Persönlichkeitsdiagnostik ein. Dabei werden evidente Ergebnisse verschiedener Wissenschaftsdisziplinen (u. a. Hirnforschung, Neuro- und Personalpsychologie sowie Neurobiologie) zusammenführt. Dies ermöglicht es uns, belastbare Vorhersagen über den Berufserfolg bzw. die Leistungen von Führungskräften zu treffen. Auch denken wir bei der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten nie nur an die aktuell zu besetzende Stelle: Wir liefern unseren Klienten – Unternehmen wie Kandidatinnen und Kandidaten – einen Mehrwert, indem wir immer bereits die nächsten Schritte vorausdenken. Was könnten die nächsten 2-3 Stationen im Unternehmen sein und welche Kompetenzen sind dafür nötig?

Klar ist, dass Führungskräfte heute sehr viel vernetzter denken müssen. Mehr denn je brauchen sie analytischen und strategischen Weitblick gepaart mit einer hohen Umsetzungskompetenz, um schnell auf Marktgeschehen zu reagieren und vorausschauend Maßnahmen abzuleiten. Bei Konzernen ist heute sehr viel mehr internationale Erfahrung gefragt. Eine Innovationskompetenz und Affinität für digitale zukunftsgerichtete Tools sind unabdingbar – sowohl im Bereich Omnichannel als auch im für den Luxus-Bereich so wichtigen Clientelling. Eine positive Customer Experience entscheidet über den Erfolg. Nur wem es gelingt, eine langfristige Beziehung zu den Kundinnen und Kunden aufzubauen und einen echten Mehrwert durch Erlebniswelten zu generieren, kann sich im Hochpreissegment dauerhaft behaupten. Zwei Potenzialindikatoren, welche ohne Ausnahme in jedem Suchmandat gefragt werden, sind Empathie und Resilienz.

Ihr Personalberater

Consumer & Luxury Goods, Fashion & Retail

 

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